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Unfälle auf öffentlichen Parkplätzen

04.01.2024 Charlotte Schuhmacher 2 Minuten

I Im Oktober 2022 hatte der BGH sich mit einer ebenfalls sehr bedeutsamen Unfallkonstellation zu befassen, die in der Praxis häufig vorkommt (BGH, Urt. v. 22.11.2022 – VI ZR 344/21, VRR 4/2023, 14). Hier waren zwei Fahrzeugführer mit ihrem Pkw auf einem öffentlichen Parkplatz ohne ausdrückliche Vorfahrtsregelung zusammengestoßen und es stellte sich die Streitfrage, ob und in welchem Umfang die Regel „rechts vor links“ Anwendung findet. Der BGH betont, dass diese Vorfahrtsregel zu § 8 Abs. 1 S. 1 StVO (rechts vor links) bei einer Kollision auf einem solchen öffentlichen Parkplatz ohne eine ausdrückliche Vorfahrtsregelung weder unmittelbar noch im Rahmen der sogenannten Pflichtenkonkretisierung im Zusammenspiel mit § 1 Abs. 2 StVO Anwendung findet. Eine Ausnahme wird nur dann zugelassen, wenn den vor Ort vorhandenen Spuren ein eindeutiger Straßencharakter zukommt, was immer im Einzelfall zu prüfen ist.

Dabei betont der BGH noch einmal, dass bei einem öffentlich zugänglichen Parkplatz die Regeln der StVO im Zusammenhang mit dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme nach § 1 Abs. 2 StVO zu beachten sind, hebt aber zugleich hervor, dass die Vorschrift des § 8 Abs. 1 S. 1 StVO in diesem Zusammenhang grundsätzlich keine Bedeutung hat. Dies ändert sich nur dann, wenn eine mit dem fließenden Verkehr und den dortigen Straßenzügen vergleichbare Konstellation vorhanden ist und nach den im Parkplatzbereich vorhandenen Fahrspuren in einem Ausnahmefall ein eindeutiger Straßencharakter zukommt. Die Bejahung eines solchen Straßencharakters kommt auf Parkplätzen nach dieser Vorgabe nur ausnahmsweise in Betracht, wenn sich durch die bauliche Gestaltung der Fahrspuren oder sonstiger örtlicher Gegebenheiten bei den Verkehrsteilnehmern unmissverständlich ergibt, dass die Fahrbahn nicht der Aufteilung und dem unmittelbaren Zufahren auf Parkflächen, sondern in erster Linie der Zu und Abfahrt und damit dem fließenden Verkehr dienen.

Für die Praxis ergibt sich damit ein erheblicher Aufklärungsbedarf bei der Bearbeitung dieser Mandate: Insbesondere ist durch Lichtbilder und eine Auswertung der entsprechenden Fahrspuren und der Unfallörtlichkeit in Abgrenzung zu den üblichen Parkplätzen zu beurteilen, ob hier wirklich der Schwerpunkt in der Zu und Abfahrt liegt. Häufig ereignen sich derartige Unfälle allerdings in dem Bereich der bloßen Zufahrt zu den Stellplatzbereichen, die alleine dem Rangieren der Fahrzeuge für das Ein und Ausfahren aus einem Parkplatz dienen, nicht jedoch dem System der Zu und Abfahrt mit einem eindeutigen eigenen Straßencharakter. Da die Betriebsgefahren der beteiligten Fahrzeuge dann gleich hoch anzusetzen sind, führt dies im Regelfall zu einer Haftungsverteilung mit jeweils 50 %.

Praxistipp: Allerdings kann, wie im Fall des BGH, auch die Betriebsgefahr eines Fahrzeugführers deutlich höher anzusetzen sein, wenn er die im Parkplatzbereich nach dem Rücksichtnahmegebot geltende Schrittgeschwindigkeit deutlich überschritten hat – dies kann also wiederum zu einer überwiegenden Haftungsquote von 70 % führen. I

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